Mutterschutz im Betrieb
Die schwangere oder stillende Mitarbeiterin
Wird eine angestellte Mitarbeiterin schwanger, so stellt dies den Arbeitgeber vor immer mehr administrative Herausforderungen. Seit dem 1.1.2018 ist das neue Mutterschutzgesetz (MuSchG) in Kraft getreten. Schon eine Weile her, noch immer gibt es Probleme in der Umsetzung und mein Gefühl, wir werden da noch ein paar Jahre gemeinsam aktiv mitwirken müssen, damit wir, ich sage mal vorsichtig: mit Schwangerschaften wieder normaler umgehen können. Heißt nicht, fahrlässig zu werden, aber die Übervorsicht und blindes Verschicken der Frauen in ein Beschäftigungsverbot, sollte langsam der Vergangenheit angehören. Dabei kenne ich natürlich die Argumente der Arbeitgeber und kann verstehen, dass aus Absicherungsgründen, bevorzugt ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen wurde. Auch hier heißt es: gemeinsam mit mehr gesundem Menschenverstand herangehen.
Mit dem neuen Mutterschutzgesetz wurde zur Konkretisierung des Gesetzes, der Mutterschutzausschuss gegründet. Über den VDSI wurden damals auch Arbeitsschützer gesucht und als Mutter von 2 Kindern, fühlte ich mich berufen, auch motiviert, in Sachen Entbürokratisierung mitwirken zu können. 4 Jahre politische Arbeit waren ausreichend Zeit, ein umfassendes Bild zu erhalten!
Komme ich zum eigentlichen Punkt: mit dem neuen Gesetz sind alle Arbeitgeber ausdrücklich aufgefordert, betriebliche Beschäftigungsverbote zu vermeiden. Beschäftigungsverbote aus betrieblichen Gründen sollen nur noch in Betracht gezogen werden, wenn alle anderen Maßnahmen versagen. Dafür wurde im Mutterschutzgesetz die Vermeidung „unverantwortbarer Gefährdungen“ als Schlüsselbegriffe des Arbeitsschutzrechts auch bei Mutterschutz und Stillzeit eingeführt. Unverantwortbar ist eine solche Gefährdung, wenn der eventuell eintretende Gesundheitsschaden so schwer sein kann, dass es nicht hinnehmbar ist, ein solches Risiko einzugehen. Weiterhin kann aufgrund unverantwortbarer Gefährdungen auch von der Behörde (Berlin LaGetSi, Brandenburg: LAVG) ein Beschäftigungsverbot erteilt werden, dies bezieht sich immer auf die Tätigkeit
Mein Gefühl, um dies stringent umzusetzen, wird es noch einige Jahre dauern und es bedarf unserer Aufklärungsarbeit und wahrscheinlich noch einiger Gerichtsurteile. Hier muss der Arbeitgeber wissen, dass er möglichst für einen sicheren Arbeitsplatz sorgt und auch die werdende Mutter darf begreifen, dass es kein böser Wille des Arbeitgebers ist, dass sie jetzt weiterarbeiten kann. Dieser Prozess wird sicher noch ein paar Jahre laufen. Auch dass der Gynäkologe keine tätigkeitsbezogenen Beschäftigungsverbote aussprechen kann, wird noch Zeit bedürfen. Ein Gynäkologe weiß zwar, welche Tätigkeiten z. B. eine Medizinisches Fachangestellte verrichtet, aber er weiß nicht, welche Möglichkeiten ein Arbeitgeber hinsichtlich Arbeitsplatzumsetzung bietet. Deshalb obliegt dem Gynäkologen in der Regel nur das individuelle Beschäftigungsverbot.
Pflichten der werdenden oder stillenden Mutter
Eine werdende Mutter sollte, wie bisher auch, ihren Arbeitgeber über die Schwangerschaft und den voraussichtlichen Entbindungstag informieren. Das gilt auch für eine stillende Frau über die Tätigkeit des Stillens. Der Arbeitgeber kann als Nachweis der Schwangerschaft ein ärztliches Zeugnis oder ein Zeugnis der Hebamme/des Entbindungspflegers verlangen. Die Kosten muss der Arbeitgeber tragen (§ 9 (6) S.2 MuSchG).
Arbeitgeber Pflichten
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der zuständigen Aufsichtsbehörde (z. B. LAVG in Brandenburg oder LaGetSi in Berlin) die Schwangerschaft mitzuteilen, die Formulare sind auf den Websiten der benannten Behörden hinterlegt. Folgend auch die Verlinkung der Seiten.
Allgemeine, anlassunabhängige Gefährdungsbeurteilung (GBU)
Jeder Praxisinhaber ist nach § 5 Arbeitsschutzgesetz verpflichtet, eine Gefährdungsbeurteilung (GBU) für die Arbeitsplätze in seinem Unternehmen zu erarbeiten. Dafür kann er sich von einer Fachkraft für Arbeitssicherheit oder einen Betriebsarzt Unterstützung einholen. Diese Gefährdungsbeurteilung (GBU) muss nun gemäß § 10 (1) MuSchG geprüft werden, ob an dem Arbeitsplatz mögliche Gefahren für schwangere oder stillende Frauen bestehen und ob diese durch geeignete Schutzmaßnahmen ausgeschlossen werden können. Ganz wichtig zu beachten: Diese Beurteilung muss vorliegen, auch wenn der Arbeitsplatz aktuell nicht oder auch nie von einer Frau besetzt wird.
Beispiele für unzulässige Tätigkeiten:
während der Schwangerschaft sind insbesondere Tätigkeiten unzulässig, bei denen ohne mechanische Hilfsmittel regelmäßig Lasten von mehr als 5 Kilogramm Gewicht oder gelegentlich Lasten von mehr als 10 Kilogramm Gewicht von Hand gehoben, gehalten, bewegt oder befördert werden müssen oder mit mechanischen Hilfsmitteln Lasten von Hand gehoben, gehalten, bewegt oder befördert werden müssen und dabei die körperliche Beanspruchung der von solchen Arbeiten entspricht
Tätigkeiten, bei denen die Schwangere nach Ablauf des fünften Monats der Schwangerschaft überwiegend bewegungsarm ständig stehen muss und wenn diese Tätigkeit täglich vier Stunden überschreitet
sich die Schwangere häufig erheblich strecken, beugen, dauernd hocken, sich gebückt halten oder sonstige Zwangshaltungen einnehmen muss
die Schwangere auf Beförderungsmitteln eingesetzt wird und dies für sie oder für ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt
Unfälle, insbesondere durch Ausgleiten, Fallen oder Stürzen, oder Tätlichkeiten zu befürchten sind, die für die Schwangere oder für ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellen
sie eine Schutzausrüstung tragen muss und das Tragen eine Belastung darstellt oder eine Erhöhung des Drucks im Bauchraum zu befürchten ist, insbesondere bei Tätigkeiten mit besonderer Fußbeanspruchung
die Schwangere in Räumen mit einem Überdruck im Sinne von § 2 der Druckluftverordnung, in Räumen mit sauerstoffreduzierter Atmosphäre eingesetzt werden
wenn Kontakt mit Biostoffen der Risikogruppen 2,3 oder 4 besteht und die Frau über keinen ausreichenden Immunschutz verfügt.
Sobald der Arbeitgeber/Unternehmer Kenntnis von einer Schwangerschaft oder der Tätigkeit des Stillens erlangt, hat er der Frau unverzüglich ein Gespräch über die Anpassungen ihrer Arbeitsbedingungen anzubieten. Weiterhin muss er Schutzmaßnahmen nach einer Rangfolge festlegen.
Überprüfung der Umgestaltung der Arbeitsbedingungen (Durchführung anlassbezogene Gefährdungsbeurteilung!), ist dies nicht möglich kann der Frau
ein anderer geeigneter zumutbarer Arbeitsplatz zugewiesen werden.
Sollten die Arbeitsbedingungen eine Weiterbeschäftigung nicht zulassen, so muss der Arbeitgeber das betriebliches Beschäftigungsverbot feststellen und die Frau von der bisherigen Arbeit freistellen. Dieses Beschäftigungsverbot ist nicht zu verwechseln mit dem individuellen Beschäftigungsverbot durch einen approbierten Arzt, dieses wird ausgestellt, wenn durch die Fortführung der Beschäftigung die Gesundheit von Mutter oder Kind konkret gefährdet sind. Dafür muss dem Arbeitgeber ein ärztliches Zeugnis vorgelegt werden.
Änderungen durch das Mutterschutzgesetz beim Verbot der Nacht- und Sonntagsarbeit
Für die Arbeit zwischen 20 Uhr bis 22 Uhr wurde ein behördliches Genehmigungsverfahren eingeführt. Unter anderem muss die Frau sich ausdrücklich bereit erklären, nach 20 Uhr zu arbeiten. Während die Behörde (in Brandenburg das LAVG, Berlin das LaGetSi) den vollständigen Antrag prüft, kann der Arbeitgeber die Frau grundsätzlich weiterbeschäftigen. Lehnt die Behörde den Antrag nicht innerhalb von sechs Wochen ab, gilt er als genehmigt. Die Frau kann ihre Einwilligung jederzeit zurücknehmen.
Weitere Infos finden Sie unter.
BGW: https://www.bgw-online.de/mutterschutz
Ausschuss für Mutterschutz (AfMu): https://www.ausschuss-fuer-mutterschutz.de/arbeitsergebnisse
LAVGBrandenburg: https://lavg.brandenburg.de/lavg/de/arbeitsschutz/fachgebiete/arbeitszeitschutz-schutz-besondererpersonen/mutterschutz/
LaGetSi Berlin: https://www.berlin.de/lagetsi/gesundheit/besondere-personengruppen/mutterschutz/artikel.336897.php
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